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04.09.2013 09:50
Die Arbeitstage von Pedro Dias haben sich bei dreifachem Gehalt nahezu halbiert. Der Umzug des 27-Jährigen Software-Experten aus Portugal ins norwegische Oslo hat sich damit ausgezahlt.
Dem jungen Mann ist die Flucht aus einem 15-Stunden-pro-Tag-Job an der Neuen Universität von Lissabon gelungen. Heute arbeitet er selten viel länger als bis 17 Uhr. Seine neue Stelle bei Metafocus, einem Hersteller von Internet-basierter Software, fand er im Februar bei einer Job-Börse in der portugiesischen Hauptstadt.
“In Portugal kommt man mit einem durchschnittlichen Gehalt nur schwer über die Runden und muss gleichzeitig länger arbeiten”, sagt er in einem Interview mit Bloomberg News in seinem Büro in Oslo. Dias genießt die neu gewonnene Freizeit. Er nutzt sie, um sich auf die Teilnahme an einem Halb-Marathon vorzubereiten.
Dank einer vom Rohöl-Reichtum gesegneten Volkswirtschaft entwickelt sich Norwegen immer mehr zum Gewinner im Wettlauf um qualifizierte Mitarbeiter, während Europa insgesamt unter einer Rekord-Arbeitslosigkeit leidet. Im Juli lag die Arbeitslosenquote in der Eurozone bei 12,1 Prozent, und in Portugal waren sogar 16,4 Prozent der Menschen ohne Stelle. In Norwegen, dem größten Öl-Produzenten in West- Europa, bewegt sich die Quote hingegen seit 2009 unterhalb der Marke von 4 Prozent.
Kürzeste Arbeitstage unter den Industriestaaten
Europas zweitreichstes Land je Einwohner nach Luxemburg hat einige der höchsten Gehälter und kürzesten Arbeitstage unter den Industriestaaten. Arbeitnehmer in Norwegen erhalten im Durchschnitt 80'000 Dollar pro Jahr. Gleichzeitig liegt ihre Arbeitszeit 20 Prozent unter dem Schnitt der 34 Mitglieder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Das zeigen Daten der norwegischen Statistikbehörde und der OECD. Norwegen kommt bei der Länge der Arbeitstage lediglich hinter den Niederlanden und hinter Deutschland. Trotzdem leiden die norwegischen Unternehmen unter einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften, wie Angaben der Regierung zeigen.
Der Zuzug von Arbeitskräften aus der Europäischen Union ist in der ersten Hälfte des laufenden Jahres nach offiziellen Zahlen um mehr als zehn Prozent gestiegen. Die zuständige Behörde registrierte 21'000 neue Arbeitskräfte, hauptsächlich aus dem Osten von Europa. Im Vorjahreszeitraum waren es den Angaben zufolge erst 18'000 Zuzüge gewesen.
Norwegen bietet Einwohnern ein staatlich finanziertes Gesundheitssystem und eine praktisch kostenlose Ausbildung. Die Kosten für Kindergartenplätze sind auf maximal 400 Dollar pro Monat begrenzt und nach der Geburt eines Kindes bekommen Eltern bis zu 14 Monate frei.
Note "AAA"
Norwegen wird von Bonitätswächtern mit der Top-Note “AAA” bewertet. Das Land verfügt über den größten Staatsfonds der Welt, der auf ein Volumen von rund 750 Mrd. Dollar kommt. Der norwegischen Wirtschaft gelang es, selbst während der Finanzkrise weiter zu wachsen.
Das Tempo bei den Investitionen und der gleichzeitige Mangel an Arbeitskräften belasten. Die durchschnittlichen Arbeitskosten im verarbeitenden Gewerbe betragen rund 64,15 Dollar pro Stunde. Das ist der höchste Wert unter den 33 Ländern, die in einer Studie vom US-amerikanischen Arbeitsministerium untersucht worden sind. Die Kosten liegen 35 Prozent über denen Deutschlands und 80 Prozent über denen der USA.
Dias, der portugiesische Software-Entwickler, ist mehr als zufrieden. Er versucht, bei jeder Gelegenheit norwegisch zu sprechen, und berichtet von einem “glücklichen und gesunden Arbeitsumfeld und der Möglichkeit, sich weiter zu entwickeln”.
(Bloomberg)
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