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Brüssel/Berlin/PassauNächste Woche ist es soweit: Die Europäische Union will bei ihrem Gipfel in Brüssel die Lösung der Schuldenkrise entscheidend voranbringen. Die Erwartungen an das Treffen sind hoch. Aus Sicht der Finanzmärkte muss der Politik endlich ein Durchbruch in der Schuldenkrise gelingen, ansonsten sei mit einer Zuspitzung der Krise zur Jahreswende und weltweit mit weiteren dramatischen Kursverlusten zu rechnen.
Die Finanzmärkte sind aktuell hochnervös. „Nächste Woche blicken alle auf den anstehenden Gipfel“, sagte Ken Polcari von ICAP Equities in New York. „Aber man darf nicht vergessen, dass dies bereits der 15. Gipfel der Krise ist.“ Immer wieder schürten solche Treffen die Erwartungen der Marktteilnehmer, und immer wieder seien sie enttäuscht worden. Die Europäer schienen schließlich doch den Ernst der Lage zu erkennen, sagte Phil Orlando von Federated Investors. „Sie machen sich endlich klar, dass dies ihr Lehman-Ereignis ist und sie dasselbe tun müssen, wie die USA in der Zeit von 2007 bis 2009.“
Kurz vor der Woche der Entscheidung gibt es erste Bewegungen. So wackelt die strikte Position Deutschland bei der möglichen Einführung der Eurobonds. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte diese bislang abgelehnt. In der Bundesregierung werden gemeinsame Staatsanleihen im Gegenzug für Änderungen an den EU-Verträgen hin zu mehr Haushaltsdisziplin nun auf Dauer nicht mehr ausgeschlossen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lehnte zwar Eurobonds in der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag) zum jetzigen Zeitpunkt erneut strikt ab. Auf die Frage, ob Eurobonds eingeführt werden könnten, falls es Regeln für strikte Haushaltsdisziplin gebe, sagte er jedoch: „Wenn wir eine echte, stabile und nachhaltige Fiskalunion in Europa erreicht haben, hätten wir eine völlig neue und andere Situation.“ Auf die Nachfrage, ob am Ende dann Eurobonds stehen könnten, sagte er: „Da halte ich es mit der Bundeskanzlerin: Man soll das Pferd nicht von hinten aufzäumen.“
Die Tage bis zum Schuldenkrisen-Gipfel
Auch der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger warnte davor, gemeinsame europäische Staatsanleihen kategorisch auszuschließen. Er sagte der „Welt“, Eurobonds könnten „einen Schlussbaustein bilden nach und neben den Konsolidierungsmaßnahmen und den Veränderungen im EU-Vertrag von Lissabon“. Der Energiekommissar und frühere baden-württembergische Ministerpräsident äußerte die Hoffnung, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre bisherige ablehnende Position noch ändern werde. Niemand lege schon zum Auftakt von Verhandlungen alle Karten auf den Tisch.
Bis es am Freitag zu dem Treffen in Brüssel kommt, steht noch eine Vielzahl anderer wichtiger Termine auf dem Plan: Am Montagnachmittag reist Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Paris, um mit Präsident Nicolas Sarkozy den EU-Gipfel vorzubereiten. Die beiden größten Volkswirtschaften der Euro-Zone spielen eine Schlüsselrolle im Kampf gegen die Schuldenkrise und demonstrieren als „Merkozy“ genanntes Tandem öffentlich Einigkeit.
Obwohl es auch Differenzen in einige Punkten gibt, so herrscht in Sachen Vertragsänderungen doch weitgehend Einigkeit. Sowohl Merkel als auch streben an, dass die Haushaltspläne der Euro-Staaten schärfer kontrolliert und Haushaltssünder in der Euro-Zone bestraft werden müssen. Auch Sarkozy ist für rasche, automatischere und strengere Sanktionen
Auch dem US-Finanzminister Timothy Geithner stehen nächste Woche zahlreiche Termine in Europa bevor. Am Dienstag kommt er zu Gesprächen mit hochrangigen Vertretern der Euro-Zone. Zunächst trifft er sich in Frankfurt mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, dem neuen Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, sowie Bundesbankchef Jens Weidmann.
Am Mittwoch werde sich Geithner in Paris mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und in Marseille mit dem spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy beraten. Zum Abschluss stehe am Donnerstag ein Treffen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Monti in Mailand auf dem Programm.
Hinter den Kulissen arbeitet inzwischen der Internationale Währungsfonds (IWF) auf eine Lösung der Staatsschuldenkrise hin, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde. Der Fonds hat Bereitschaft zur Vergabe von Krediten an angeschlagene Euro-Länder signalisiert.
Auf die Frage, warum sich der IWF nicht mit Krediten an Länder wie Spanien und Italien stärker engagiere, zeigte sich Lagarde dazu bereit. „Nach meinem Wissen ist dies aber noch nicht beantragt worden“, erklärte sie. Frankreichs ehemalige Finanzministerin forderte von den Euro-Ländern, schnell zu einer gemeinsamen und umfassenden Lösung der Krise zu finden. „Was wir brauchen, ist eine Konsolidierung der Finanzen, die fest verankert ist, entschlossen und unumkehrbar.“ |
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