Ex-EU-Kommissar Monti Favorit für Berlusconi-Nachfolge

suanc2008

Rom (Reuters) - In Italien zeichnet sich auf Druck der Finanzmärkte die rasche Bildung einer neuen Regierung unter dem ehemaligen EU-Kommissar Mario Monti ab.

Der weltweit angesehene Wirtschaftsexperte galt am Donnerstag in den entscheidenden politischen Kreisen des Landes als der Favorit für die Nachfolge von Silvio Berlusconi. Die Hoffnung auf eine Beilegung der Regierungskrise sorgte an den Börsen für etwas Entspannung. Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte eine rasche Umsetzung des Sparpakets. Nach Erwartung der EU-Kommission wird die drittgrößte Volkswirtschaft Europas allerdings 2012 noch nicht wirtschaftlich auf die Beine kommen.

Berlusconis Partei Volk der Freiheit schien nicht mehr auf sofortige Neuwahlen zu bestehen. Auch Berlusconi neige jetzt zu der Ansicht, dass die Bildung einer neuen Regierung besser für das Land sei, hieß es in Parteikreisen. Fraktionschef Fabrizio Cicchitto sagte Reuters, die Partei diskutiere zwei Optionen: "Wir müssen entscheiden, ob wir für Neuwahlen sind oder für eine Monti-Regierung". Präsident Giorgio Napolitano hatte Monti am Mittwoch zum Senator auf Lebenszeit ernannt. Dies wurde als Signal dafür gewertet, dass er diesen nach dem Rücktritt Berlusconis mit der Regierungsbildung beauftragen könnte.

Die Finanzmärkte hatten sich seit Wochen für den 68-jährigen Monti starkgemacht, der zurzeit Präsident der Mailänder Elite-Universität Bocconi ist. Ihm wird am ehesten zugetraut, eine Regierung der nationalen Einheit zu führen und die massiven Sparmaßnahmen durchzusetzen. Ein Vertreter der jetzigen Regierungspartei Lega Nord kündigte jedoch an, im Falle einer Regierung unter Monti in die Opposition zu gehen.

Berlusconi, der keinen ausreichenden Rückhalt mehr im Abgeordnetenhaus hat, hatte Napolitano zugesagt, nach der Verabschiedung des Sparpakets zurückzutreten. Damit wird in beiden Parlamentskammern am Samstag oder am Sonntag gerechnet. Napolitano könnte Monti dann noch am Sonntag oder am Montag benennen und auf wochenlange Sondierungsgespräche verzichten. In Parteikreisen hieß es, Montis Regierungen könnten Experten und Politiker angehören. Gestützt werden könnte sie von Berlusconis PDL, dem Zentrum und der Demokratischen Partei.

"Italien muss die Glaubwürdigkeit wiedergewinnen", sagte Merkel. "Das Sparpaket muss sehr schnell umgesetzt werden." Sie sei optimistisch, dass Italien auf dem richtigen Weg sei, aber die Zeit dränge, sagte die Kanzlerin. Wegen der schleppenden Reformen und des Zickzack-Kurses des in Korruptions- und Sexskandale verwickelten Berlusconi war das Land in den vergangenen Wochen immer stärker ins Visier der wegen der Euro-Schuldenkrise ohnehin schon hochnervösen Kapitalmärkte geraten.

Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, forderte Italien auf, rasch für politische Klarheit zu sorgen. Die Unsicherheit darüber, wer Berlusconi als Regierungschef nachfolgen solle, um das hoch verschuldete Land aus der Krise zu führen, heize die Finanzmärkte an. EU-Kommissar Olli Rehn drängte zu entschlossenen Einsparungen und Reformen. Die bisherigen Ankündigungen seien nicht ausreichend. Der Wettbewerb in der Wirtschaft müsse stärker angekurbelt werden, die Rentenreform könne weiter gehen und die Steuerlast müsse von Arbeitseinkommen auf den Konsum umgelenkt werden.

ZINSEN SINKEN UNTER KRITISCHE SIEBEN-PROZENT-MARKE

Wegen der Aussicht auf eine rasche Regierungsbildung ließ der Verkaufsdruck auf zehn- und zweijährige italienische Staatsanleihen nach. Die Renditen rutschten wieder unter die kritische Sieben-Prozent-Marke. Ein Niveau über sieben Prozent gilt als ruinös, weil sich das Land zu solchen Zinssätzen auf Dauer nicht refinanzieren könnte. Am Mittwoch war die Rendite der zehn Jahre laufenden Papiere mit 7,5 Prozent auf den höchsten Stand seit Einführung des Euro geklettert. Am Donnerstag lag sie bei rund 6,8 Prozent.   Fortsetzung...